Blogreihe „Zwischen den Fronten“ – Blogpost 10: Zwischen Zwangsagilität, Startup-Turbo und politischem Schritttempo: Mein Einsatz im KMU-Parlament

Es gibt Momente, in denen man sehr deutlich spürt, wie verschieden zwei Welten funktionieren. Meine Welt? Zwangsagil, schnell, fordernd, lösungsorientiert. Startup eben. Wenn etwas brennt, dann löschen wir heute – nicht nächstes Quartal.

Alessia Schrepfer
Co-Founder Co-CEO
17. November 2025

Und dann gibt es die Welt der Politik. Strukturiert, ritualisiert, hochreguliert. Ein Schweizer Uhrwerk, das zuverlässig tickt – nur eben deutlich langsamer, als es die Realität draussen verlangen würde.

Und plötzlich stand ich genau zwischen diesen Fronten.

Ein Haufen Unternehmer:innen, null Zeit – und trotzdem mittendrin

Wenn man 46 Unternehmer:innen in einen Raum setzt, hat man vor allem eines: 46 Menschen, die eigentlich sagen könnten:

„Ich habe wirklich keine Zeit dafür.“

Denn seien wir ehrlich: Unternehmer:innen sind permanent im Feuerlöscher-Modus. Deadlines, Kundentermine, Teams, Budgetdruck – alles gleichzeitig.

Und trotzdem waren wir da. Unbezahlt. Ohne Spesen. Ohne irgendeinen „Benefit“.

Warum?

Weil wir wissen: Wenn wir nicht mitreden, entscheiden andere für uns.

Und weil wir draussen täglich spüren, wie politische Rahmenbedingungen unsere Arbeit prägen – oft stärker, als es der Politik bewusst ist.

Diese Mischung aus Pflichtgefühl, Pragmatismus und dem Wunsch nach echter Veränderung bringt Unternehmer:innen nach Bern. Und nur wer dort sitzt, kann sagen, was es wirklich braucht.

Das KMU-Parlament: Erstaunlich effizient – fast schon startuptauglich

Ich gebe es zu: Ich war skeptisch. Politik und Effizienz im gleichen Satz? Fast schon ein gutes Meme.

Doch das KMU-Parlament überraschte: Sechs Gruppen, über 80 Vorstösse, klare Struktur, hohe Disziplin, echtes Arbeiten. Fast wie ein Hackathon – nur mit weniger Hoodie und vermutlich besserem Kaffee.

Wir brachten echte Probleme mit echten Lösungsvorschlägen ein. Nicht politische Wunschlisten, sondern Erfahrungen aus dem Alltag der KMU – dem Rückgrat unserer Wirtschaft.

Und das Beste: Diese Ideen wurden aufgenommen. Ernst genommen. Werden weitergetragen.

Doch genau hier beginnt der Teil, bei dem die politische Realität einsetzt.

Wenn der Turbo ausgeht – Willkommen im politischen Schritttempo

Unsere Vorschläge wandern jetzt weiter – hinein in die bekannten politischen Mühlen. Und diese mahlen… gemütlich.

Das ist nicht böse gemeint – es ist systembedingt.

Denn die Politik ist nicht nur langsam, weil sie gründlich sein will. Sie ist langsam, weil ihr ein bestimmter Druck fehlt.

Draussen in der Wirtschaft gilt: Wer zu spät entscheidet, zahlt am Ende keine Löhne. Verliert Kunden. Verliert sein Team.

In der Politik passiert das nicht. Dort drohen keine Cashflow-Probleme, keine Kündigungswellen, keine Marktreaktionen. Dafür gibt es etwas anderes:

Parteiprogramme. Dogmen. Rote Linien. Strategische Zwänge.

Alles Dinge, die Fortschritt blockieren können – egal wie gut eine Idee ist.

Ein Politiker sagte kürzlich zu mir:

„Du hast einfach reden, du kannst als Inhaberin ja einfach entscheiden – das ist bei uns anders.“

Ich musste lachen. Ja, ich kann entscheiden. Aber wenn ich schlecht entscheide, steht am nächsten Tag mein Team vor mir und sagt: „Danke, aber wir gehen.“

Top-down funktioniert auch im Unternehmen nicht, denn in der Realität fliegt dir schlechte Führung schneller um die Ohren, als du „Budgetrunde“ sagen kannst.

In der Politik hingegen findet man nicht selten: Sturheit statt Sinn. Taktik statt Ehrlichkeit. Partei-Logik statt Realitätsbezug.

Genau hier erkennt man, wie wertvoll echte Volksnähe wäre.

Wenn jemand wirklich dem Volk dienen will – dann zählt mehr als Zuhören

Und genau deshalb möchte ich eine Person hervorheben: Andri Silberschmidt.

Nicht wegen seiner Partei. Nicht wegen einer Ideologie. Sondern weil er etwas gemacht hat, was viele nur behaupten:

Er hat wirklich zugehört. Und er hat gehandelt.

Nicht nur gefragt: „Was braucht ihr?“ Sondern danach auch umgesetzt, bewegt, strukturiert.

Das KMU-Parlament ist die Luxusvariante von Bürgernähe. Natürlich kann das nicht jede:r machen – und es wäre absurd, wenn plötzlich alle ihr eigenes Mini-Parlament gründen würden.

Aber das ist auch gar nicht nötig.

Was nötig ist: Zuhören. Verstehen. Und danach handeln. Oder klar sagen: „Nein, das unterstütze ich nicht.“

Ehrlichkeit ist selten – und wertvoll. Ein ehrliches Nein ist manchmal mutiger als ein gelogenes Ja. In der Führung wie in der Politik.

Wenn mehr Politiker:innen diesen Mut hätten, würde Vertrauen automatisch wachsen – und vielleicht würden wir Wähler:innen sogar wieder parteiunabhängiger wählen, weil Haltung wichtiger wäre als Parteifarbe.

Meine Vorstösse – und wie ich mich eingebracht habe

Ich hatte zwei Einsätze – einen als Initiantin, einen als Gegenstimme.

1. Mein eigener Vorstoss: weniger Bürokratie, mehr Effizienz im gesamten Gesundheitswesen

Es ging mir nicht um eine kleine Regelung – sondern um ein strukturelles Problem:

Warum haben wir 26 unterschiedliche Bewilligungsprozesse, wenn eine einzige nationale Lösung reichen würde?

Meine Forderung:

  • eine zentrale, digitale, nationale Datenbank statt 26 kantonaler Systeme - z.B. Vereinfachung BAB
  • ein digitaler Fast-Track, vor allem für internationale Fachkräfte
  • eine einmalige Prüfung – gültig für die ganze Schweiz
  • verpflichtende Nutzung durch alle Kantone

Kurz gesagt: Ein System, das Fachkräfte arbeiten lässt statt sie monatelang zu blockieren.

Der Vorstoss kam knapp, aber erfolgreich durch – und ich freue mich riesig, dass Andri ihn als „Vorstoss-Götti“ im Parlament aufnehmen wird.

2. Mein Konter-Speech: Demokratie darf nicht elitär werden

Der zweite Beitrag war kein eigener Vorstoss, sondern mein Konter-Speech gegen eine Vorlage, die die Unterschriftenhürde für Initiativen UND Referenden praktisch verdoppeln wollte.

Ich war dagegen, weil:

  • direkte Demokratie zugänglich bleiben muss
  • höhere Hürden kleine Bewegungen faktisch ausschliessen würden
  • Demokratie nicht zu einem Spielplatz der Grossen werden darf
  • mehr Bevölkerung nicht automatisch mehr Mobilisierung bedeutet
  • politische Teilhabe nicht vom Budget abhängen darf
  • die Schweiz genau durch ihre Niederschwelligkeit stark ist

Mein Konter wurde gehört, respektiert und aufgenommen – wenn auch nicht angenommen.

Die Schweiz: langsam, manchmal zu langsam – aber weltweit einzigartig

Ja, die Politik ist langsam. Manchmal frustrierend langsam. Und ja, Bürokratie stresst uns draussen täglich.

Aber gleichzeitig ist die Schweiz eines der wenigen Länder der Welt, in denen:

Eine Privatperson innert Wochen zwei politische Vorstösse beeinflussen kann – ohne Amt, ohne Partei, ohne Lobby-Budget.

Und übrigens: Eine Petition kann man mit nur einer Unterschrift starten. Eine. Deine.

Das ist Demokratie, wie es sie kaum irgendwo sonst gibt.

Und jetzt das Wichtigste: Jede:r kann mitgestalten

Man muss nicht Politiker:in werden. Man muss nicht in Bern sitzen. Man muss nicht ein Amt bekleiden.

Aber jede:r kann politisch wirksam sein.

  • Sprich mit Politiker:innen.
  • Sag, was dich bewegt.
  • Bring Lösungen statt nur Probleme.
  • Vernetz dich.
  • Nutze Petitionen, Referenden, Initiativen.
  • Und vor allem: Tu etwas.

Denn eines ist sicher:

Unmöglich ist nichts – wenn man es wirklich will. Und nichts tun garantiert nur eines: den Status quo.

Mein Fazit: Zwischen den Fronten entsteht Wirkung

Dieses KMU-Parlament hat gezeigt, dass man auch in einem langsamen System etwas bewegen kann – klein, konkret, wirksam.

Startup-Turbo trifft politisches Schritttempo. Zwei Welten, die selten harmonieren, aber sich dringend brauchen. Und wenn wir nicht mitgestalten, obwohl wir es können – wer dann?

Darum ein grosses, von Herzen kommendes Danke: an das SEF- Team mit Corinne Blesi und an Nationalrat Andri Silberschmidt für diese einmalige Möglichkeit, für die Offenheit, für das Vertrauen und für die Chance, echte politische Abläufe nicht nur zu sehen, sondern selbst mitzuerleben – mitten drin, statt nur daneben.

Vielleicht war es ein Anfang. Vielleicht „nur“ ein Erlebnis. Aber auf jeden Fall war es ein Moment, der bleibt.

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Diese Parlamentarier:innen haben sich Zeit genommen, dem Ruf von Andri zu folgen, uns zuzuhören, unsere Anliegen ernst zu nehmen und damit die KMU – also das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft – zu stärken:

  • Andri Silberschmidt, FDP
  • Franziska Ryser, Grüne
  • Beat Walti, FDP
  • Thomas Matter, SVP
  • Céline Amaudruz, SVP
  • Emmanuel Amoos, SP
  • Jürg Grossen, GLP
  • Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte

Das ist Volksnähe. So sieht politische Verantwortung aus. Und so entsteht Vertrauen.

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Alessia Schrepfer
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