Blogreihe "Zwischen den Fronten" - Blogpost 5: Zwischen Krise und Aufbruch! New Work in der Pflege
Heute, am Internationalen Tag der Pflege, feiern wir einen Beruf, welcher nicht wegzudenken ist. Pflegefachpersonen leisten täglich Unvorstellbares, mit Hingabe, Fachwissen und Empathie. Es ist ein Tag, um Danke zu sagen und die immense Bedeutung dieses Berufsstandes hervorzuheben. Gleichzeitig ist es aber auch ein wichtiger Zeitpunkt, um ehrlich Bilanz zu ziehen und zu fragen: Wie gestalten wir die Zukunft der Pflege so, dass sie nicht nur überleben kann, sondern aufblüht? Ein Konzept, das in diesem Zusammenhang oft diskutiert wird, ist "New Work". Doch was bedeutet das wirklich für die Pflege, abseits von Buzzwords und Idealvorstellungen?

Im Blogpost 3 dieser Reihe habe ich das Konzept «New Work» im allgemeinen beleuchtet und bereits bekannt gegeben, dass ich in einem Folgepost «New Work» im konkreten Pflegekontext reflektieren möchte.
Hier geht es zum vorangegangenen Post: Blogreihe "Zwischen den Fronten" - Blogpost 3: New Work – Anspruch trifft Realität | LinkedIn
Zwischen Anspruch und Realität: New Work im Check
Wir hören viel von New Work: von mehr Flexibilität, Selbstbestimmung, flachen Hierarchien und einer besseren Work-Life-Balance. Das klingt verlockend, nicht nur in der Theorie, sondern gerade für einen so fordernden Bereich wie die Pflege. Doch wie in der allgemeinen New-Work-Debatte oft sichtbar wird, birgt das Konzept auch eine Spannung – ein Ungleichgewicht, das entsteht, wenn überzogene Forderungen auf eine oft starre Realität treffen. Das Bild vom "All-You-Can-Eat-Buffet" der Arbeitswelt, bei dem man sich nur das Beste herauspicken möchte, ohne die "Rechnung" – nämlich die eigene Verantwortung und den eigenen Beitrag – zu sehen, beschreibt diese Dynamik treffend.
Dieses Ungleichgewicht, diese "Beuger-Strecker-Dynamik", kennen wir auch in der Pflege. Der Wunsch nach idealen Bedingungen ist gross, doch die Umsetzung im komplexen System des Gesundheitswesens ist oft herausfordernd. Es ist wichtig, hier ehrlich zu sein: Der "Fünfer, Weggli und sogar noch ein Schoggistängeli" – das gibt es schlichtweg nicht. Weder im generellen Arbeitsmarkt noch in der Pflege. Was es braucht, ist ein gesundes Erwartungsmanagement und vor allem: Geben und Nehmen, so mindestens mein Mantra.
New Work in der Pflege: Was es wirklich bedeuten kann
New Work in der Pflege darf nicht bei der Diskussion über flexible Schichtpläne aufhören – obwohl auch das ein wichtiger Teil ist. Es geht darum, die Arbeit selbst neu zu denken und Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Beruf nachhaltig attraktiver machen. Hier sind einige Aspekte, die überzeugen können:
- Sinnstiftende Arbeit stärken: Die Pflege ist intrinsisch sinnstiftend. New Work kann helfen, administrative Lasten zu reduzieren und mehr Raum für die direkte Patient:innenarbeit zu schaffen, was die Zufriedenheit erhöht.
- Partizipation und Empowerment: Mitarbeitende in Entscheidungen einzubinden, ihnen mehr Verantwortung zu übertragen – das ist gelebte New Work. Doch dies erfordert auch Mitarbeitende, die bereit sind, den "Beifahrersitz" zu verlassen und ins "Driver Seat" zu wechseln. Das braucht Mut und die Bereitschaft, Verantwortung zu wollen.
- Fehlerkultur und Entwicklung: Meine grössten Learnings in den letzten Jahren der Selbstständigkeit: "Scheitern ist voll ok" und der "grösste Lehrmeister"! Eine Kultur, die Fehler als Lernchancen begreift und Mitarbeitende ermutigt, Neues auszuprobieren, gar zu scheitern und sich genau so weiterzuentwickeln, ist essenziell. Es geht darum, "Nicht aufzugeben", sondern "Nachzujustieren" und "Hilfe anzunehmen und zu geben".
- Führung, die trägt: Führungspersonen in der Pflege tragen oft eine immense Last. New Work bedeutet hier auch Führung, die "Motiviert, Inspiriert und Druck nimmt", aber auch Mitarbeitende hat, die ihrer Führung Loyalität und Unterstützung entgegenbringen. So können auch starre Hierarchien abgeflacht werden.
Das Fundament: Wollen, Können, Machen – und die Rolle des Einzelnen
Mein zentrales Framework für erfolgreiche Mitarbeiterentwicklung und gelingendes New Work im Team ist das Zusammenspiel von Wollen, Können und Machen. Es reicht nicht, nur zu wollen (Mindset, Bereitschaft zur Verantwortung) oder nur zu können (Skills, Vita). Man muss es auch machen, aktiv werden, auch mal "Out of comfort zone" gehen, selbst wenn es "weh tut".
Doch dieses "Wollen, Können, Machen" der Mitarbeitenden steht in direktem Zusammenhang mit dem "Geben" des Arbeitgebers. Und hier kommt eine entscheidende Botschaft ins Spiel, die oft zu kurz kommt: Damit der Arbeitgeber wirklich "geben" kann – investieren in Entwicklung, flexible Modelle ermöglichen, Vertrauen schenken, unterstützende Strukturen bieten – braucht es auch das "Geben" der Mitarbeitenden.
Woran wir arbeiten müssen: Neue Wege, neue Haltung
New Work in der Pflege ist kein Selbstläufer. Es erfordert von allen Beteiligten eine neue Haltung und die Bereitschaft, Dinge "z Bode bringe".
- Ehrlichkeit und Transparenz: Offenheit über die eigenen Fähigkeiten, Grenzen und Bedürfnisse schafft Vertrauen und ermöglicht es dem Arbeitgeber, als auch den Mitarbeitenden, gezielt zu unterstützen und realistische Lösungen zu finden.
- Loyalität und Durchhaltewillen ("nicht sofort aufgeben"): Eine gewisse Loyalität gegenüber dem Team, die Bereitschaft, bei Schwierigkeiten nicht gleich das Handtuch zu werfen, sondern gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dies ist das Fundament, auf dem Vertrauen und Investitionsbereitschaft wachsen können. Es geht nicht um blindes Ausharren, sondern um den Willen, gemeinsam "Durchzuhalten" und "Nachzuzjustieren", bevor man aufgibt.
Arbeitgeber: Sind gefordert, authentische Vorbilder zu sein, transparent zu kommunizieren, in die Entwicklung der Mitarbeitenden zu investieren, realistische Erwartungen zu managen und Strukturen zu schaffen, die Partizipation ermöglichen. Der "Durchhaltewillen" ist zuerst auf der Seite des Arbeitgebers/ der Führung erforderlich, erst dann kann und darf es von den Mitarbeitenden verlangt werden.
Mitarbeitende: Sind gefordert, die daraus entstehende Übernahme der Verantwortung dann auch effektiv zu wollen und zu machen, ihre Fähigkeiten (weiter) zu entwickeln ("Können"), ehrlich zu kommunizieren.
Es ist ein gemeinsamer Weg, oft steinig und nicht gradlinig. Die Herausforderungen im Gesundheitswesen sind immens, der Fachkräftemangel real. Doch die Antwort darauf kann nicht sein, an veralteten Modellen festzuhalten.
PRO Pflege durch New Work im Zeichen des Gebens und Nehmens
Am heutigen Tag der Pflege sollten wir betonen: Wir sind PRO Pflege! Ich bin überzeugt vom Wert und der Zukunftsfähigkeit dieses Berufs. Um diese Zukunft zu sichern, braucht es jedoch mehr als nur Wertschätzung (so wichtig sie auch ist) und verbesserte Dienstpläne. Es braucht eine Evolution hin zu einer Arbeitswelt in der Pflege, die die Prinzipien von New Work aufgreift, aber auf einem soliden Fundament des gegenseitigen Geben und Nehmen baut.
Also eine Pflege, in der Mitarbeitende Verantwortung wollen und machen, in der Arbeitgeber in dieses Wollen und Machen investieren, und in der Ehrlichkeit, Transparenz und gemeinsamer Durchhaltewillen die Basis für eine starke und zukunftsfähige Berufsgemeinschaft bilden.
Wer Lust auf einen Deep Dive zu dieser Thematik hat, kann sich sehr gerne bei mir resp. WeNurse melden!
Eine wichtige Anmerkung: ich bin weder Journalistin noch Wissenschaftlerin. Der Blog basiert auf meinen Erfahrungen und persönlichen Gedankengängen. Er erhebt keinen Anspruch auf fertige Lösungen oder was «Richtig und Falsch» ist, sondern soll zum Nachdenken anregen.
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