Sich öffnende Türen gut nut

Sie ist eine interessante Person: Die Gesundheitsbranche ist der Schwerpunkt der heute 35-jährigen Pflegefachfrau FH mit abgeschlossenem Masterstudium. Als visionäre Unternehmerin setzt sie Massstäbe. 2024 wurde sie vom Swiss Economic Forum zur «Jungunternehmerin des Jahres» gekürt. Willkommen im BEST OF, Alessia Schrepfer.

Best of 2025 - Thurgau
Juni 2025

Text und Interview: Bianca Ritter
Foto: Mike Niedhauser

Sie ist eine interessante Person: Die Gesundheitsbranche ist der Schwerpunkt der heute 35-jährigen Pflegefachfrau FH mit abgeschlossenem Masterstudium. Als visionäre Unternehmerin setzt sie Massstäbe. 2024 wurde sie vom Swiss Economic Forum zur «Jungunternehmerin des Jahres» gekürt. Willkommen im BEST OF, Alessia Schrepfer.

Liebe Alessia, ein Zitat von Dir lautet: «Ich will im Grossen etwas verändern.» Dabei geht es selbstverständlich um Fragen und Perspektiven der Gesundheitsbranche. Wo siehst Du zurzeit den dringendsten Handlungsbedarf?

Wir müssen vom Silodenken wegkommen! Das Gesundheitswesen hat sehr viele Player, und gleichzeitig leider als Folge auch ein «Gärtchen-Denken». Dies unter anderem auch, weil es von Gesetzes wegen immer noch zu viele Fehlanreize im System und in der Finanzierung hat. Es fehlt an zu Ende gedachten Lösungen. Nehmen wir ein Beispiel: Diabetes Typ2. Da ist es für Diabetologen aufgrund des Tarifsystems lukrativer, wenn Patient:innen immer wieder zur Insulin-Einstellung kommen. Dabei wären hier genau (präventive) Beratungsgespräche so wichtig. Diese sind aber zeitlich viel aufwendiger und werden kaum finanziert, obwohl das allbekannte Ziel sein sollte, dass Menschen langfristig gesünder werden und nicht chronisch krank bleiben.

Mir scheint aber auch wichtig, dass unsere Gesellschaft mehr auf Eigenverantwortung setzen und selber präventive Massnahmen starten muss, bevor man als Patient:in ins System eintritt. Um beim Diabetes mellitus zu bleiben: Mehr Bewegung, Ernährung umstellen.

Ein anderes Beispiel, wo das System ansteht: Der Hausärztemangel. Ganz viele gesundheitliche Probleme könnten auch mittels Beratung und Medikamentenabgabe in der Apotheke behandelt werden; beispielsweise eine Grippe. Aber dann zahlt man die Medikamente selbst und muss letztlich doch zum Arzt für ein Zeugnis – nur damit die Krankenkasse etwas zahlt und der Arbeitgeber die Absenz akzeptiert. Das sind unnötige und kostentreibende Doppelspurigkeiten. Der Gesetzgeber und auch wir Patient:innen sind da gefragt.

2022 hast Du den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und zusammen mit Simon Hodel WeNurse ins Leben gerufen. Wie genau definiert Ihr das WeNurse-Prinzip?

Wir machen Bottom-Up-Beratung im Schichtbetrieb – mit Teams, die sowohl entlasten als auch Führung, Prozesse und Kultur nachhaltig verbessern. Wir bleiben bis Stabilität erreicht ist. Unser Fokus ist, 24/7 zu helfen und Probleme an der Basis aufzugreifen.

Die Arbeitssituation in der Pflege hat sich seit Jahren zugespitzt: Unattraktive Dienstpläne, ungenügende Arbeitsbedingungen und die stetig zunehmende Administrationsarbeit haben vielen Pflegenden den Spass am Job genommen. Lösungen aus der Politik lassen zu lange auf sich warten. Wir wollen uns jedoch nicht vom Gesundheitssystem abwenden. Deshalb nehmen wir die Zügel selbst in die Hand und gehen das Problem unternehmerisch an.

Du hast 2024 den bedeutendsten Schweizer Wirtschaftspreis für Frauen gewonnen und bist vom Swiss Economic Forum zur «Jungunternehmerin des Jahres» gekürt worden. Bestätigung und Ansporn zugleich. Deine Gedanken dazu ein Jahr danach?

Ich konnte sehr stark davon profitieren, unsere Visibilität hat sich massiv verbessert, das Netzwerk konnte grosszügig erweitert werden. Insgesamt hat es die Firma vorangebracht. Aber letztlich darf man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Es ist auch nach so einem Preis wichtig, dass man dranbleibt und sein Produkt oder seine Dienstleistung weiterbringt. Durch den Preis kommt man quasi in die Pole Position. Aber dann muss man etwas daraus machen und die Türen, die sich öffnen, nutzen.

Du hast einmal gesagt, dass man selber erfassen muss, was einen glücklich macht im Beruf, und dass man die Zuständigkeit dafür nicht beim Chef suchen soll... Was braucht es Deiner Meinung nach für das berufliche Glück?

Arbeitgebende sollten einem ein Umfeld schaffen, wo individuelle Möglichkeiten zur Entwicklung gegeben sind. Handkehrum liegt es auch an einem selber. Als Arbeitnehmer:in muss man auch wollen. Jede:r ist letztlich des eigenen Glückes Schmied und sollte seinen Beitrag leisten. Und wie immer im Leben ist es ein Geben und Nehmen, immer und immer wieder. Diese Balance erachte ich als sehr zentral.

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