Verpflichtende Teamevents — kann man Teamgeist erzwingen?
Teamgeist entsteht dort, wo eine gesunde Kultur gelebt wird.

«Teamgeist entsteht dort, wo eine gesunde Kultur gelebt wird.»
Die Frage, ob man Teamevents verpflichtend machen soll, erinnert michan Symptombekämpfung. Denn wennein Event wirklich gut ist und die Stimmung im Team stimmt, dann kommendie Leute auch freiwillig – selbst in ihrerFreizeit.
Die Annahme, dass bei freiwilligen Anlässen nur die «gut Integrierten» erscheinen und alle anderenfernbleiben, halte ich für falsch. BeiWeNurse arbeiten wir dezentral in verschiedenen Kantonen.Da gibt es den jungen Single ohne grosse Verpflichtungen, dievierfache Mutter mit eng getaktetem Alltag, den Kollegen inden Bündner Bergen oder jemanden, der schon in mehrerenVereinen aktiv ist. Wer kommt, hängt weniger vom Grad derIntegration ab, sondern schlicht von Zeitressourcen und Prioritäten.
Natürlich freut es mich, wenn möglichst viele oder sogaralle dabei sind – schon allein wegen des Engagements derOrganisatoren. Doch der Schlüssel liegt nicht im Zwang, sondern in der Attraktivität. Biete Erlebnisse, zu denen man gernehingeht, die nicht am Ziel vorbeischiessen. Und bedenke dieVielfalt im Team: unterschiedliche Formate, teils regional, teilsübergreifend. Gerade bei dezentraler Zusammenarbeit ist derpersönliche Kontakt wichtig – aber dann bitte richtig.
Denn: Die Wurzel für echten Teamgeist liegt nicht im Event,sondern in der gelebten Kultur. Wer das ganze Jahr über Wertschätzung, Vertrauen und Offenheit erlebt, kommt auch gernezu einem Anlass. Umgekehrt gilt: Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, sich im Alltag verstellen zu müssen, wirkt auch dasschönste Teamevent anstrengend. Dann taucht schnell die Frageauf: «Kann es wenigstens Arbeitszeit sein?»
Hier kommt Leadership ins Spiel. Führung heisst nicht, einenEvent zu verordnen, sondern Räume zu schaffen, in denen Teammitglieder sich zeigen dürfen – mit Stärken und Schwächen.Es geht darum, Vorbild zu sein: zuzuhören, Fehler zuzulassen,Humor zu leben und damit die Basis für echte Verbundenheitzu legen. Ein Teamevent oder auch ein Teamentwicklungsworkshop kann das sichtbar machen, aber niemals ersetzen.Mein Fazit: Teamgeist lässt sich nicht erzwingen. Er entstehtdort, wo eine gesunde Kultur gelebt wird – und wo Führungskräfte vorleben, dass Vertrauen mehr wert ist als Kontrolle. Werdas versteht, muss keine Pflichttermine einführen. Dann kommen die Menschen freiwillig, weil sie sich als Teil eines echtenTeams fühlen.
Alessia Schrepfer kennt die Pflege von der Basis bis zur Führung – undwill sie von unten nach oben verändern. 2022 gründete sie mit SimonHodel WeNurse, ein Modell, das Pflegefachpersonen Mitsprache, Verantwortung und Stolz zurückgibt. Ihr Ziel: nicht länger starre Hierarchien, sondern Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Pflegekräfte sollen alsUnternehmer:innen agieren und das Gesundheitswesen «bottom-up»gestalten. Für diese Vision erhielt sie 2024 den SEF.WomenAward.


